Woher kommt der Dirndl-Hype?

Offensichtlich vom Wolfgangssee! Die herrlich kitschige Operette „Im weißen Rössl“, später verfilmt mit Theo Lingen, sorgte in den 1930er Jahren in Berlin, Paris, London und sogar am Broadway für Furore. Unter dem Namen „The White Horse“ wurde sie dort 223 Mal aufgeführt und machte das Dirndl auch jenseits des Atlantiks berühmt.

Es sollte aber noch einige Jahrzehnte dauern, bis das Dirndl Wiesn-fähig wurde. Bis tief in die 90er Jahre hätten die Münchner lieber auf einen Wiesn-Besuch verzichtet, als dort in Tracht aufzukreuzen. Dirndl und Lederhosen waren, nach Ansicht der Münchner, der rückständigen Landbevölkerung vorbehalten, die damit in ihren eigentümlichen Trachtenvereinen den Schuhplattler übte. Dabei hat das Dirndl doch gar nichts mit Tracht zu tun…

Was löste denn nun den Dirndl-Hype aus?

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Es gibt sogar eine wissenschaftliche Arbeit dazu. Die Volkskundlerin Dr. Simone Egger von der Ludwig-Maximilian-Universität hat zu den Ursachen des aktuellen Dirndl-Hypes promoviert. Um Gemeinschaft geht es! Die zunehmend mobile Gesellschaft sucht einen Anker. Lokale Aspekte werden wichtiger für die Identifikation des Individuums. Mit Dirndl und Lederhosen verorten sich die Menschen quasi und erleben dadurch das Gefühl der Zugehörigkeit, weil „Freunde gerne ähnliche Kleidung tragen“, so Egger. Selbst die „Zuagroasten“ und Touristen machen mit und kaufen sich für den Wiesn-Besuch extra ein Trachtengewand.
Was mit der Wiesn übrigens überhaupt nichts zu tun hat! Die gibt es immerhin seit 1810. Also lange bevor die Münchner Schickeria um Prinzregent Luitpold Gefallen am Arbeitsgewand der einfachen Landbevölkerung fand, es stadtschick aufmotzte und damit den, historisch gesehen, ersten Dirndl-Hype auslöste.

Fußball-WM verstärkt Dirndl-Hype

Als 2006 die Fußball-WM Deutschland in einen kollektiven Begeisterungstaumel versetzte, versendeten die Medien unzählige Bilder von hübschen, gut gelaunten Mädchen im Dirndl aus München. Das spätestens war identitätsprägend. „Das Dirndl ist mittlerweile etwas Besonderes für München, andere deutsche Städte können nicht auf eine derartige Formensprache zurückgreifen“, erklärt Egger das Phänomen.

Den Dirndl- und Lederhosenträgern kann es recht sein. Im Dirndl sieht eigentlich jede Frau toll aus, vor allem, wenn es maßgeschneidert ist und perfekt sitzt. Die Proportionen stimmen, die weiblichen Rundungen werden optimal in Szene gesetzt oder gar erst geschaffen, die Taille wird betont, aus den B-Cups wird ein Balkon – Hingucker vom Scheitel bis zur Sohle.

Autorin: Sibylle Sterzer